Warum so teuer?

"Es ist nicht normal für die Hochzeitsfotos 3000€ zu nehmen“ hört man ziemlich oft von Leuten, die einen Fotografen für ihre Hochzeit suchen. „Sie gehen entspannt herum, machen Bilder die ihnen gefallen, kommen nach Hause, bearbeiten die ein wenig und du musst noch ein halbes Jahr auf die Fotos warten..."

Ich möchte gerne ein wenig den Mythos über "reichen" Fotografen zerstreuen.

Und ja, es geht nicht um Leute, die sich eine mittelpreisige Kamera mit Standardobjektiv auf Kredit kaufen und im "Grün"-Modus JPG aufnehmen und dann ihre Arbeiten einen Monat später abgeben, da „Profis“ ihre Fotos nicht sofort abgeben sollten.

Es geht um das Geschäft und um Leute, für die ihre Kamera kein teures modisches Gadget ist; für die, die jedes Foto eine Bedeutung von "Kunst" haben sollte und für die, die gesamte Welt in parallelen Linien, Schattierungen und Perspektiven wie durch den Sucher aufgeteilt ist.

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Deshalb schlage ich vor, den Fotografen nicht als Person mit einer Kamera, sondern als Geschäftsprozess zu betrachten.

Wir, Fotografen und Unternehmer, brauchen Verkäufe, Marketing, Buchhaltung und auch Kenntnisse der rechtlichen Aspekte. Wir müssen auch Designer, Webmaster, Blogger und Retuscheure sein. Wir müssen uns ständig in all diesen Bereichen weiterentwickeln und nicht nur über Neuigkeiten in Fotoindustrie, sondern auch über neue fotografische Techniken und Geschäftsführung auf dem Laufenden bleiben.

Und wenn man bedenkt, dass jedes Wachstum neben zeitlichen Aufwendungen und geistiger Anspannung auch noch Geld kostet? Kurse, Workshops, Seminare, Webinare, Bezahlung verschiedenen Webressourcen und Hosting, Teilnahme an Messen, Werbeaktionen und PR-Veranstaltungen, Arbeit an der Portfolioerstellung...

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Man hört manchmal: "Da ist er mit seinem Rucksack unterwegs..."

Übrigens Rucksack für Fotografen… Der sollte folgendes Minimum beinhalten:

1. Kamera. Eine Profikamera wie die Canon 5D Mark IV oder die Nikon D850 kostet zwischen 2400€ und 2800€. Idealerweise sollte noch eine Back-Up Kamera vorhanden sein.

2. Objektive. Als sehr knappes Minimum sind drei Objektive für verschiedene Aufgaben notwendig:

· Ein Porträtobjektiv (85/1,4 -135/2) im Wert von etwa 1600€

· Ein Weitwinkelobjektiv (24/1,4 - 35/1,4) im Wert von etwa 1800€

· Ein mittleres oder spezielles Objektiv für besondere Aufgaben (etwa 50/1,4 oder Ultraweitwinkelobjektiv) im Wert von etwa 500€.

· Ein Blitz ist unbedingt erforderlich und kostet etwa 350€. Fügen Sie Speicherkarten, Akkus, Stative, Taschen, Gurte, Softboxen und Filter sowie andere Kleinigkeiten hinzu - am Ende ergibt sich eine recht hohe Summe, die den Preis eines Autos übersteigt.

Nebenbei bemerkt, denken viele nicht darüber nach, dass nach der Aufnahme das gesamte Material irgendwohin übertragen und verarbeitet werden muss. Das Übertragungsmedium und Verarbeitungsgerät müssen schnell und qualitativ hochwertig sein. Ein neuer Desktop-Computer mit Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten 5-7 Jahre kostet ca. 1200€. Dazu kommt ein Monitor im Wert von 800€ bis 3000€. Speicherkapazitäten werden verzehnfacht. Und jedes Upgrade hat seinen Preis.

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Und jetzt, wenn wir all das Gesagte in die Preisgestaltung einbeziehen, fügen wir die eigentliche Fotosession hinzu, etwa von 8 bis 10 Stunden. Es handelt sich jedoch um eine sehr ungewöhnliche Aufnahme. Es startet mit Getting Ready unter Bedingungen nicht gerade idealer Beleuchtung, wo die schönsten Seiten der Braut und alle Details der Vorbereitung am besten dargestellt werden müssen. Weiter geht's mit Fotoshooting in bekannten und schönen Locations. Danach gibt es noch eine Trauung, einen Sektempfang und eine Feier. Und das alles erfordert eine ganze Strategie, um den gesamten Aufnahmeprozess, Bild für Bild, wie in einem Film, korrekt darzustellen. Porträts im Wechsel mit Panoramen und Details. Reportage im Standesamt bei der Trauung oder Feier im Saal. Jeder Aufnahmeschritt erfordert separate Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse.

Und das ist noch nicht alles, sondern nur der Anfang: Nachdem wir 10 Stunden gelaufen sind, haben wir nur "Material" gesammelt, mit dem wir uns jetzt beschäftigen müssen. Und das bedeutet ungefähr 40 Stunden Arbeit, indem wir jedes Bild bezüglich Schatten, Belichtung, Kontrast, Farben, Schärfe usw. durchsuchen. Und erst danach konvertiere ich persönlich alles mit Capture One Pro in JPG und erhalte die nächste Stufe des Materials, die bereit ist, in Photoshop bearbeitet zu werden.

Dort findet die abschließende Bearbeitungsstufe bis zum fertigen Foto statt (feine Retusche usw.).

Und erst danach arbeiten wir daran, Ihre Alben, Bilder für Blogpost, Instagram usw. zu erstellen...

Natürlich können wir nicht alles beschreiben und die genannten Beträge sind nur dafür gedacht, dass Sie ein klares Verständnis für minimale Investitionen haben, die eine Person benötigt, um einen Teil Ihrer Lebensgeschichte festzuhalten.

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Ja, es mag auch so erscheinen, als würde ein Hochzeitsfotograf an einem Tag so viel Geld verdienen. Schauen wir mal zusammen nach:

3000€ werden verdient während:

10 St. fotografischer Begleitung + 40 St. Fotobearbeitung = 50 Stunden

3000€ : 50 Stunden = 60€/St.

Das ist eine Bruttosumme, davon zahlen Fotografen Steuer, Versicherungen, Betriebsmittel, Handwerkskammerbeiträge und noch viele oben genannte Sachen. So kommen wir schnell zu einer Nettosumme max. 30€ pro Stunde. Und die Summe müssen wir noch halbieren, weil Hochzeitssaison in Deutschland dauert ca. 6 Monate (Mai-Oktober) und ein Fotograf soll in dieser Zeit das Geld für das ganze Jahr verdienen. So kommen wir zu 15€/h, was heutzutage jeder Mensch im Büro verdient.

Man kann ein Vermögen für eintägiges Kleid, Blumen, Kuchen und Restaurant ausgeben, es gibt aber nur das Einzige, dass diese Erinnerung für den Rest Ihres Lebens bewahren kann: Ihre Fotos.